Swiss Trumpets
Rezensionen

Fränkischer Tag vom 31.01.2004
 

Bamberger Symphoniker aktuell
Schweizer Triumphzug
Tournee mit fünf Konzerten unter Nott
 
Am Anfang gleich ein Heimspiel für Jonathan Nott: In Luzern war er schließlich fünf erfolgreiche Jahre hindurch Chefdirigent gewesen. Als er jetzt mit den Bamberger Symphonikern zum Auftakt einer kleinen Schweiz-Tournee vom 23. bis zum 27. Januar wieder kommt, wundert sich die Luzerner Zeitung über das Programm mit Repertoire-Klassikern (Beethoven, Haydn, Wagner, Janáček wie im A-Abokonzert vom 22. Januar) - sie erinnert sich noch an die „innovativen Programme".

Der Lobeshymne für den thematisch auf die Trompete ausgerichteten Abend tut das freilich keinen Abbruch. Der „süperbe Trompeter" Reinhold Friedrich wird gerühmt, ebenso das erweiterte Luzerner Trompeten-Ensemble, die „hohen Qualitäten" des Orchesters und seines Chefdirigenten sind betont: „Wagners weiträumig atmendes Siegfried-Idyll betörte mit einem ausgeglichenen und transparent schimmernden Streicherklang und bewies, dass hier die Stärke der Bamberger liegt."

Der Zürcher Tages-Anzeiger bringt seine Begeisterung auf den Punkt: „Locker, agil und hinreissend: Jonathan Nott und die Bamberger Symphoniker." Der Rezensent Thomas Meyer hat ein gutes Gedächtnis - und noch das Orchester mit Eugen Jochums Bruckner-Interpretation im Ohr, um schließlich hymnisch ihrem derzeitigen Chef zu attestieren: „Ihm gehört die Zukunft." Nicht minder Reinhold Friedrich, „einer jener göttlichen Trompeter, die den Himmel stürmen könnten".

Als einen „Hoffnungsträger" würdigt auch die renommierte Neue Zürcher Zeitung Jonathan Nott schon in der Überschrift. Ausführlich wird die Arbeit des 41-jährigen Briten gerühmt, der bei den Bambergern „mit seinem Charisma, seinen Vorstellungen von zeitgemässer Programmarbeit und seiner eigenen klanglichen Imagination wieder einiges in Gang gesetzt" habe. Schlussfanfare der Kritik von Peter Hagmann: „Dass Jonathan Nott, der sich so leidenschaftlich der Gegenwart zuwendet, auch bei dieser Musik so viel zu sagen hat und dass ihm das Orchester so engagiert folgt, macht ihn zu einem eigentlichen Hoffnungsträger.

Ähnlich die Resonanz in Montreux und Genf sowie beim Abstecher ins französische Dijon „En un mot: jubilatoire!" schreibt die Tribüne de Genève, mit einem Wort: ein Triumphzug.


Neue Luzerner Zeitung vom 27.01.2004
 

KKL: Klubhauskonzert
Idyll und Geschmetter
 
mat. Jonathan Nott präsentierte sich am Freitag im KKL mit seinen Bamberger Symphonikern mit Repertoire-Klassikern und machte nur mit Janáček einen Abstecher ins 20. Jahrhundert. Im Fall dieses Klubhauskonzertes war dies allerdings kein Widerspruch zu den innovativen Programmen des ehemaligen Luzerner Chefdirigenten. Denn die Klubhaus-Konzerte der Migros sind unter der Leitung von Armin Brunner konsequent thematisch konzipiert.
Dahinter steht zwar ein intellektuelles Konzept. Aber wie lustvoll es umgesetzt wird, zeigte dieser Freitagabend, der ganz der Trompete in verschiedensten Funktionen gewidmet war. Die Rolle des feinsinnigen Solo-Instruments (im Haydn-Konzert mit dem süperben Trompeter Reinhold Friedrich) wurde dabei eher in den Hintergrund gerückt vom schmetternden Spektakel - mit zwölf Trompeten in Janáčeks Sinfonietta.

Orchesterqualitäten
Das galt zum Teil auch für die Wiedergaben selbst. Bei Beethoven setzte Nott auf monumentales Pathos, und obwohl das Orchester bei Haydn reduziert antrat, suchte es den Bezug zur damaligen Klagrede weit weniger als in der Zugabe (Konzertsätze von Johann Ernst Altenburg) die vom Luzerner Trompeten-Ensemble verstärkten Trompeter unter der Führung von Reinhold Friedrich.
Die hohen Qualitäten des Orchesters wie seines Chefdirigenten zeigten sich nach der Pause: Wagners weiträumig atmendes Siegfried-Idyll betörte mit einem ausgeglichen und transparent schimmernden Streicherklang und bewies, dass hier die Stärke der Bamberger liegt. Janáčeks Sinfonietta schliesslich schien wie für den KKL-Konzertsaal geschaffen. Die auf der Orgelempore und in der Echokammer postierten Blechbläser entfesselten hier ein Klanggeschmetter, das als Zugabe selbst der Walküren-Ritt nicht übertrumpfte.


Tages Anzeiger vom 26.01.2004
 

Saft im Blech
 
Von Thomas Meyer

Wenn die Bamberger Symphoniker einst ebenfalls bei den Klubhaus-Konzerten unter ihrem legendären Chef Eugen Jochum Bruckner spielten, war das ein musikalisches Ereignis von schwerer Intensität sehr, sehr langsam. Die Zeiten haben sich gewandelt Er sehe bei Bruckner nicht so viel Tod. sagte Jonathan Nott einmal, im Gespräch, und er erlaubt es sich denn auch, der Musik. eine Agilität zu geben, ohne dass sie deshalb ihre dramatische Stringenz verliert. Zu erleben war das am Samstag etwa in Beethovens 3. Leonoren- Ouvertüre mit der das Konzert eröffnet wurde, und in Wagners süsslich-herbem Sigfried-Idyll. In Nott, der bis vor zwei Jahren Chef des Luzener Sinfonieorchesters war, der seit 2000 aber auch das Ensemble Intercontemporain leitet, verbindet sich die Prägung aus zeitgenössischer Musik mit einem ganzen Feeling für Klassik und Romantik Gerade das erprobt er jetzt als Chefdirigent der Bamberger. Ihm gehört die Zukunft!

Faszinierend klang Leoš Janáček mächtig angebende Sionfonietta. Nott gestaltete dieses ebenso eingängliche wie intrikate Melodiengefüge auf moderne Weise, durchsichtig und mit feinen Abstufungen in Tempo und Agogik. Das Stück mit seinem wuchtigen Bläsersatz(allein 12 Trompeten sind verlangt, (erweitertes Luzerner Trompeten-Ensemble) bildete den Höhepunkt in einem durchkomponierten Programm, das mit dem befreienden Trompetensignal aus «Fidelio» eröffnet wurde und den Titel «Wo die schönen Trompeten blasen» trug. Reihhold Friedrich, einer jener göttlichen Trompeter, die den Himmel stürmen könnten, spielte dazwischen auf locker hinreissende Weise Haydns Trompetenkonzert. Geschickt nutzte er die Gelegenheit und gab mit den für Janáček nötigen Bläsern gleich noch ein Kabinettstücken aus dem späten 18. Jahrhundert zu, ein Trompetenkonzert von Johann Ernst Altenburg. Eine echte Rarität. Nott und die Bamberger ihrerseits liessen sich zum Schluss nicht lumpen und schlossen effektvoll mit Wagner («Walkürenritt») und Dvořák.


Neue Zürcher Zeitung vom 26.01.2004
 

Ein Hoffnungsträger
Jonathan Nott und die Bamberger Symphoniker in Zürich
 
Inzwischen hat er das Luzerner Sinfonieorchester verlassen - nicht ganz allerdings; eben erst hat er wieder ein Konzert an jenem Pult geleitet, an dem er fünf Jahre lang und sehr erfolgreich als Chefdirigent gewirkt hatte. Auch zum Ensemble Intercontemporain in Paris ist er auf Distanz gegangen - aber ebenfalls nur ein wenig; sein neuer Vertrag nennt ihn nicht mehr als Chef-, sondern als ersten Gastdirigenten, was ihm fast mehr künstlerische Arbeit ermögliche. Als seine Hauptaufgabe sieht Jonathan Nott heute seine Verpflichtung als Chefdirigent der Bamberger Symphoniker. Dort hat der 41-jährige Brite, dessen Wirkungskreis im deutsch- und französischsprachigen Kulturraum verankert ist, mit seinem Charisma, seinen Vorstellungen von zeitgemässer Programmarbeit und seiner eigenen klanglichen Imagination wieder einiges in Gang gesetzt

Neubeginn
In der jüngeren Vergangenheit war es nämlich etwas still geworden um die Bamberger Symphoniker - trotz dem neuen, mit 1500 Plätzen versehenen Konzertsaal, in den das Orchester 1993 hat umziehen können. Im Vordergrund standen eher schlechte Nachrichten; regelmässig war zu vernehmen, der 1946 von deutschen Musikern aus Osteuropa quasi als Flüchtlingsorchester gegründete Klangkörper stehe vor der Auflösung. Inzwischen sind die Bamberger Symphoniker, so erläutert ihr Intendant Paul Müller, als Bayerische Staatsphilharmonie anerkannt, was bedeutet, dass das Orchester im Wesentlichen vom Freistaat getragen wird. In fünf Abonnementsreihen bestreiten die Bamberger rund vierzig Konzerte im Jahr; für den Rest, und das ist gut noch einmal so viel, geht das Orchester auf Reisen und ins Aufnahmestudio. Das lässt sich wieder besser an als auch schon, zumal der Freistaat Bayern wie die Bundesrepublik das Orchester in der kulturellen Aussenpolitik einsetzen.

Bemerkenswert ist aber vor allem, dass die Bamberger auf dem CD-Markt eine reelle Perspektive sehen - was für ein Orchester, das sich so häufig auf Reisen begibt, vordringlich ist. Regelmässig kommt es zu Aufnahmen für den Bayerischen Rundfunk, und in Zusammenarbeit mit dem kleinen, aber feinen Zürcher Label Tudor ist eine Serie von vorerst sechs CD-Publikationen geplant Demnächst erscheinen wird die Fünfte Mahlers, die erkennen lässt, wie geschickt Jonathan Nott mit dem weichen Ton - man mag ihn als melancholisch osteuropäisch empfinden – umgeht, der dem Orchester bis heute eigen ist, obwohl von den Gründungsmitgliedern niemand mehr dabei ist Im Dialog mit dem klanglichen Angebot des Orchesters, aus dem Moment heraus, aber durchaus mit Sinn für die klare Ausleuchtung der Strukturen, entwickelt Nott seine Sicht auf das viel gespielte, breit ausgelegte Werk - und einen Deutungsansatz, der viel verspricht.

Noch ambitionierter erscheint das Projekt, mit einer Gesamtaufnahme der Sinfonien Schuberts aufzutreten. Indes steht das ganz klar im Zusammenhang mit einer der künstlerischen Prämissen in der Arbeit von Jonathan Nott. Schon in Luzem trat er dafür ein, der zeitgenössischen Musik ihren Platz in den Programmen zu sichern - und sein ausgeprägtes Kommunikationstalent ermöglichte ihm, das Publikum für dieses Anliegen zu gewinnen. Auch in Bamberg setzt er auf diese Linie, gehört Musik des 20. und des 21. Jahrhunderts ganz selbstverständlich dazu und ziehen die Einführungen, in denen der Dirigent zusammen mit dem Orchester vor den Konzerten das ungewohnte Repertoire vorstellt, zahlreiche Zuhörer an. Die Schubert-Gesamtaufnahme ist denn auch kombiniert mit zwei Compact Discs, die neue Musik enthalten - und zwar Werke, die sich auf Schubert beziehen. «Rendering» von Luciano Berio darf da ebenso wenig fehlen wie die «Schubert-Phantasie» von Dieter Schnebel, dazu kommt zum Beispiel aber auch das «Lied für Orchester» des jungen Münchners Jörg Widmann, das die Bamberger Symphoniker bestellt und Ende letzten Jahres aus der Taufe gehoben haben. Für ihn sei kein Zweifel, sagt Jonathan Nott, dass er ein Werk wie Schuberts Unvollendete nach der Begegnung mit der Musik Widmanns anders höre als zuvor.

Ein Hoch auf die Trompete
Von all dem war beim neuerlichen Gastspiel der Bamberger Symphoniker in der Zürcher Tonhalle leider nichts zu erfahren; das an sich schön gestaltete Programm dieses Klubhaus-Konzerts blendete die musikalische Gegenwart völlig aus. Dabei lässt sich die Nachdrücklichkeit, mit der Nott die Leonoren-Ouverture Nr. 3 von Beethoven angeht, nicht anders als durch des Dirigenten Kontakt mit neuer Musik erklären. Erst recht gilt das für die Sinfonietta von Janáček, deren rhythmische Komplexität geradezu unauffällig wirkte. Im Zentrum des Abends stand die Trompete, die in der Leonoren-Ouverture mit dem berühmten Signalruf eintrat und sich, in der Hand von Reinhold Friedrich, in Haydns Es-Dur-Trompetenkonzert glanzvoll in den Vordergrund stellte, während sie bei Janáček in zwölffacher Ausführung (erweiteres Luzerner Trompeten-Ensemble) ganz klar die bestimmende Farbe wurde. Besonders ansprechend gerieten das «Siegfried-Idyll» und, als erste von zwei Zugaben, der «Walkürenritt» Wagners. Dass Jonathan Nott, der sich so leidenschaftlich der Gegenwart zuwendet, auch bei dieser Musik so viel zu sagen hat und dass ihm das Orchester so engagiert folgt, macht ihn zu einem eigentlichen Hoffnungsträger.

Peter Hagmann


Nordbayrischer Kurier vom 24.01.2004
 

Die besondere Rolle des Blechs
Beethoven, Haydn, Wagner, Janáček: Nott dirigierte die Bamberger Symphoniker
 
BAMBERG
Von Jochen Berger

Dieser Abend will sein inneres Programm nicht gleich verraten. Wer sich zwischen Beethoven, Haydn, Wagner und Janáček auf stilistische Spurensuche begibt, verirrt sich vermutlich. Denn gebündelt und beziehungsreich verbunden wird die Vortragsfolge, die Jonathan Nott und die Bamberger Symphoniker dabei präsentieren, nicht durch stringente Entwicklungen oder sprechende Kontraste.

Eher sind es gedankliche Assoziationen, geographische Bezüge und die besonderen Rollen der solistischen Blechbläser vom zentralen Trompetensolo in Beethovens grosser „Leonore“ Ouvertüre über Haydns bliebtes Es-Dur Trompetenkonzert und Richard Wagners „Sigfried-Idyll“ mit seinem markanten Hornsolo bis hin zum grossen Blechbläser-Aufgebot in Leos Janáčeks „Sinfonietta“.

Beethovens 3. Leonoren-Ouvertüre lässt Nott zum Auftakt mit klar konturiertem Ton spielen- eindringlich im Ausdruck, aber ohne äusserlich effektvolle Zuspitzung hin zur wirbelnd mitreissenden befreienden Coda. Das Es-Dur Trompetenkonzert gehört zu den eher „harmlosen“ Werken Haydns und bietet dennoch eine Fülle klangvoller Details- vor allem, wenn es derart mühelos filigran und sensibel musiziert wird. Denn Reinhold Friedrich , längst etabliert als einer der führenden Trompetensolisten Deutschlands, beeindruckt nicht nur mit scheinbar müheloser Brillianz und perfekter differenzierter Tongebung, sondern demonstriert zudem kammermusikalisches Zusammenspiel mit den höchst aufmerksam begleitenden Symphonikern.

„Walküre“ Nachspiel

Als Zugabe servieren Friedrich und das für Janáčeks „Sinfonietta“ angereiste „Luzerner Trompeten-Ensemble“ noch einen Satz aus Johann Ernst Altenburgs Sinfonia für zwei sechsstimmige Trompetenchöre, Pauken und Solotrompete.

Richard Wagners „Sigfried-Idyll“ wird gleichsam zum lyrischen Nachspiel der jüngst umjubelten Bamberger „Walküre“ durchwegs schlank, fast schwebend im Klang musiziert. In Tribschen am Vierwaldstättersee entstanden und 1870 dort auch erstmals aufgeführt, wird das „Sigfried-Idyll“ zum passenden musikalischen Gruss der „Bamberger“ bei den in diesen Tagen anstehenden Konzerten in der Schweiz und Frankreich (Luzern, Zürich, Genf, Montreux, Genève und Dijon) während Janáčeks „Sinfonietta“ zum Abschluss mit instrumetaler Hilfe aus der Schweiz, dem Luzerner Trompeten-Ensemble, aufgeführt wird.

Schliesslich übernimmt das Luzerner Trompeten-Ensemble den Part des Fernorchesters, das die eingewobenen Fanfaren-Klänge nachdücklich intoniert. Janáčeks „Sinfonietta“ entfaltet dann zum Schluss in ihrer kontrasreichen fünf Sätzen mit scheinbar einfacher Motivik ein beziehungsreiches Geflecht zwischen Archaik und Moderne- faszinierend, klangvoll dargeboten von den Bambergern und ihren Gästen.